AVIVA-Berlin >
Kunst + Kultur
AVIVA-BERLIN.de im November 2024 -
Beitrag vom 20.09.2006
Der dritte Bruder Grimm.
AVIVA-Redaktion
Das Haus am Waldsee - Ort internationaler Gegenwartskunst zeigt als erstes Berliner Ausstellungshaus die französisch-schweizer Künstlerin Valérie Favre in einer Einzelausstellung. 28.09.-26.11.2006
Valérie Favres Gemälde und Zeichnungen greifen Archetypen der Phantasie auf, wie sie im Umkreis von Märchenerzählungen seit dem frühen 19. Jahrhundert in Deutschland tradiert werden. Die 1959 in der Schweiz geborene, in Paris bekannt gewordene und heute in Berlin lebende Künstlerin reflektiert aus dieser Stimmung heraus allgemein auf die Produktion von Bildern. Die Ausstellung "Der Dritte Bruder Grimm" zeigt im Haus am Waldsee drei große Gemälde aus dem gleichnamigen Zyklus. Es sind Bilder verzauberter Wälder, aus denen Chimären/ Mischwesen, halb Pferd, halb Mensch, hervorschauen. Ihre Blicke treffen konspirativ auf die BetrachterInnen, so als horchten die Tiere scheu in sich hinein. RezipientInnen scheinen wie Eindringlinge, die stören, wenn sie sich nicht zum Mitspiel entscheiden und sich auf die rätselhafte Gefühlswelt zwischen Ahnen, Sehnen und Fürchten einlassen.
Hierarchielos begreift Favre ihre Malmittel und die Beschaffenheit der Bilder darin als gleichwertige Mitspieler zu den Objekten und ProtagonistInnen, die sie erfindet. Auch wenn die Künstlerin darauf verzichtet, ihre Narrationen auszuformulieren, entwickeln ihre Bilder einen Sog voller phantastischer, sexueller und krimineller Energien. Favre kanalisiert diese Energien, in dem sie sie in serielle Zusammenhänge bringt. In der Ausstellung "Der Dritte Bruder Grimm" werden ausgewählte Bildserien zum ersten Mal komplett und im Zusammenhang vorgestellt. So sind die Reihe der zerrissenen "Lapines" als Alter Ego und Portrait der Künstlerin, die monumentalen Triptychen zur Welt der Fabelwesen "Parking", "James Blonde" und "Suggestion" zu sehen. Sie alle könnten aus dem Reich der wirklichen dritten Brüder der Grimms stammen, von denen der eine unter Pseudonym eigene Märchentexte publizierte und der andere sich als Maler versuchte.
Die Gemäldereihe der "Autos in der Nacht" nehmen hingegen unmittelbar Bezug zu David Lynchs phantastischem Film "Mulholland Drive". Favres fiktive Selbstportraits der "Lapine Univers" zeigen die Künstlerin als zweibeinige Häsin, ironisch, ambivalent, zur sexuellen Reproduktion bereit und doch zugleich gebrochen. Ihre Bildwelten nähern sich Vorbildern von Goya bis Polke, von Warhol bis Caspar David Friedrich und doch umgibt sie ein eigenes Rätsel.
Ihre Bilder sind von einer sinnlichen Kraft, die ihnen eine einzigartige Position im Spektrum der Gegenwartsmalerei verschaffen.
Künstlerische Leitung: Dr. Katja Blomberg
Es erscheint ein Katalog im Revolver Verlag
Die Ausstellung ist Teil des Projektes
"Art France Berlin - Zeitgenössische Kunst aus Frankreich".
Die Künstlerin:
Valérie Favre wurde 1959 in Evilard in der Schweiz geboren. Sie übersiedelte 1998 nach Berlin, nachdem sie in Paris in den 90er Jahren zu einer der meistdiskutierten Malereipositionen Frankreichs gehörte. In Deutschland war sie zuletzt im Kunsthaus Dresden und im Kunstverein Münster in Einzelausstellungen zu sehen.
Im Oktober 2006 tritt Valérie Favre eine Professur an der Universität der Künste Berlin an.
Veranstaltungen im Rahmen der Ausstellung:
01.10.2006 Konzert mit der Harfenistin Franziska Huhn, 20.00 Uhr, Eintritt 15 Euro
12.10.2006 Konzert mit der Geigerin Leonore Haupt, 20.00 Uhr, Eintritt 15 Euro
02.11. 2006 Führung mit Valérie Favre, 19.30 Uhr, Eintritt 5 Euro
16.11.2006 Filmabend: David Lynch: "Mulholland Drive", 19.30 Uhr, Eintritt 7 Euro
26.11. Krimi-Dinner mit Valérie Favre, 19.30 Uhr, Anmeldung 25 Euro
Haus am Waldsee - Ort internationaler Gegenwartskunst
Argentinische Allee 30
14163 Berlin
Tel 030 801 89 35
www.hausamwaldsee.de
info@hausamwaldsee.de
Öffnungszeiten: täglich 10-18 Uhr
Eintritt: 4 Euro, erm. 3 Euro
Führungen: So, 14 Uhr (und nach Vereinbarung)
Verkehr: U3 Krumme Lanke, S1 Mexikoplatz, Bus 118/184/629
Ausstellungsdauer: 28. September bis 26. November 2006
Mit freundlicher Unterstützung: Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin - Kultur- und Bibliotheksamt, FB Kultur, Galerie Wohnmaschine, Galerie Nathalie Obadia, Französisches Kulturinstitut, Gembus Stiftung, Förderverein, Schweizerische Botschaft in Deutschland